Reingekracht: Familien-Bullshit-Bingo (German Edition) by Rooster Kooky

Reingekracht: Familien-Bullshit-Bingo (German Edition) by Rooster Kooky

Autor:Rooster, Kooky [Rooster, Kooky]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-06-09T22:00:00+00:00


Bull

Ich nutzte die erstbeste Gelegenheit, (als sich die Raucher im Vorgarten zusammen rotteten um ihre Verdauungszigaretten zu inhalieren), und stürmte durch die Hintertür hinaus, eilte über den Rasen, vorbei an den Obstbäumen und Rosenstöcken, um mich irgendwo zu verkriechen.

Als ich ein Kind gewesen war gab es ein Baumhaus in dem ich mich verbarrikadierte wenn die Welt gerade nicht nach meinem Willen lief, aber es war über die Jahre morsch geworden und mein Vater hatte es vor einigen Jahren abgerissen.

Es gab nichts, hinter dem ich mich verstecken konnte, nicht einmal einen kleinen Busch. Das war alles den Bemühungen zum Opfer gefallen, einen sterilen Schaugarten zu etablieren. Ich ging die weiteren Tagesordnungspunkte durch, die ich noch ertragen musste, bis ich endlich die Heimreise antreten konnte. Ich war mir sicher, Julia würde ebenso die erstbeste Gelegenheit nutzen wollen, um von hier zu flüchten. Vielleicht sollte ich sie bitten, mich nur bis zum nächsten Bahnhof zu fahren. Ich konnte doch unmöglich verlangen, dass sie ausgerechnet den Menschen durch die Gegend kutschierte, der sich an ihrem Freund vergriff.

Es würde noch die Geschenkübergabe mit Gratulation und anschließend Kaffee und Kuchen geben. Ich könnte aber auch sofort verschwinden. Der nächste Bahnhof, von dem aus ich nach Hause gelangen konnte, lag zwar drei Ortschaften weiter, aber das was leicht zu schaffen. Es gab nur einen Haken – ich musste an den Rauchern vorbei, ohne dass diese mich aufhielten. Es galt also, den richtigen Moment abzupassen und dann schnell zu sein. Schon bei der Planung meiner Flucht fühlte ich mich wie ein Feigling. Sollte ich es Julia und Patrick überlassen, alles richtig zu stellen? Immerhin hatten wir es ihrem blöden Spielchen zu verdanken, dass wir in dieser Situation feststeckten. Patrick konnte von dieser Familiendynamik nichts ahnen, aber meine Schwester hätte es wissen müssen.

Wie ein Scharfschütze, der notfalls auch den ganzen Tag in seiner Position verbrachte und nur auf den richtigen Moment wartete, um zuzuschlagen, lehnte ich an der Hausmauer und lauerte darauf, dass sich die Raucher wieder ins Haus begaben. Zu meinem Leidwesen wechselten sie sich ab. Was tat ich hier? Hatte ich nicht das gute Recht, zu gehen wohin ich wollte?

„Ach, hier bist du“, säuselte Carina, die mich hinter dem Haus aufstöberte. Sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt und stakste durchs Gras, als wäre es kniehoch. Der Wind spielte ein bisschen mit ihrem dunklen, schulterlangen Haar.

„Die suchen dich da drinnen schon“, informierte sie mich und lächelte mich seltsam irritiert an. In gewisser Weise ging es ihr ganz ähnlich wie mir. Sie hatte sich in einen Mann verliebt, der ihre Gefühle nicht erwidern konnte. Allerdings fiele mir trotz allem nicht ein, sie wild zu küssen.

„ Wer sucht mich?“, wollte ich wissen, da ich mir nicht vorstellen konnte, dass ich wirklich jemandem fehlte.

„Dein Freund“, behauptete sie. Beim Wort 'Freund' gab es mir einen heftigen Stich in den Bauch und ich schnappte nach Luft. Es klang ungewohnt, irgendwie falsch und auf eine betörende Weise auch wieder total richtig.

„Das glaub ich nicht“, stieß ich belustigt hervor. Ich konnte mir nicht vorstellen, warum Patrick mich suchen sollte.



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